Die Demenzwoche ist beendet und wir haben uns sehr über die rege Beteiligung an unserer Vortragsreihe gefreut. Wir überlegen derzeit auch, die Vortragsreihe in regelmäßigen Abständen zu erhalten. Vielleicht haben Sie auch Wunschthemen, dann scheuen Sie sich nicht diese auch zu benennen.
Den Anfang machte Herr Kurti mit seinem Vortrag zu den Risikofaktoren der Demenz. Wir haben erfahren, dass wir an den erblichen Risikofaktoren einer Demenz, die 60% ausmachen, nicht viel ändern können. Jedoch bedeutet es nicht automatisch auch daran zu erkranken. Wir haben auch erfahren, dass eine Vorbeugung schon im Kindesalter anfängt und damit zu tun hat, wie sehr wir unser Gehirn fördern und fordern. Dies hört auch nicht bis ins hohe Alter auf, denn mit einem aktiven Lebensstil, in dem wir uns immer wieder sportlich und geistig herausfordern, haben wir eine gute Möglichkeit Risikofaktoren der Demenz zu reduzieren. Dazu trägt auch eine gesunde Ernährung bei. Besonders wichtig ist Risikofaktoren wie beispielswese eine Diabetes oder Bluthochdruck gut medikamentös einzustellen damit sich das Risiko reduziert. Zum Nachlesen können Sie sich gerne unter www.danuviusklinik.de den Vortrag herunterladen.
Der Vortrag zu Mythos Pflegeheim hat eine ganz wichtige Frage in den Raum gestellt: Wann ist der richtige Zeitpunkt um in ein Pflegeheim zu ziehen? Vielleicht können Sie sich noch genau an die eigene Situation erinnern, wie war es für Sie persönlich. Verwandte, Angehörige und Freunde erleichtern diese Entscheidung oft nicht und schüren auch noch ein schlechtes Gewissen. Ganz pragmatisch konnte Fr. Fröhlich die Vorurteile der Einsamkeit, der Überlastung der Pflege und über medikamentöse „Ruhigstellung“ aufklären. Zuhause voller sozialer Kontakte – einsam im Pflegeheim, so ist wohl die gängige Meinung. In unserer Arbeit erleben wir häufig das genaue Gegenteil. Während insbesondere mobilitätseingeschränkte Menschen in der Häuslichkeit meist nur sehr unregelmäßig Besuch von Nachbarn oder von beruflich eingebundenen Angehörigen bekommen, ist ein ausgeprägtes Betreuungsprogramm absoluter Standard in Pflegeeinrichtungen. Während z. B. im Pflegeheim die Spätschicht nach Hause gehen kann, beginnt zu Hause für die pflegenden Angehörigen auch noch eine Nachtschicht. Schlaflosigkeit, Einsamkeit und das Gefühl nicht verstanden zu werden, lassen nicht wenige pflegende Angehörige unbemerkt in eine Depression rutschen. Wir sollten uns von dem Gedanken verabschieden, dass der Einzug in ein Pflegeheim wie ein Gefängnis ist. Es ist aber sicherlich ein neuer Lebensabschnitt für alle, Angehörige und Betreute. Mehr Verständnis und Rückhalt durch Freunde, Verwandte oder auch gleich durch ein ganzes „Dorf“, helfen nicht nur einem demenzerkrankten Menschen sein Leben, so gut es geht weiter leben zu können wie bisher, sondern unterstützt auch pflegende Angehörige.
Im Vortrag von Fr. Döttlinger „Leben und Erleben im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz – Zur Bedeutung der Selbstbestimmung“ haben wir anhand von Beispielen und Videosequenzen erfahren, wie professionelle Pflege in der Begleitung von Menschen im schweren Stadium einer Demenz aussieht. Da die betroffenen Menschen ihre Befindlichkeit und Bedürfnisse nicht mehr verbal mitteilen können hat Frau Döttlinger einen Einblick gegeben, wie Pflegende im Danuvius Haus Ingolstadt mit dem Interpretieren von Zeichen, die uns die Personen über ihre Mimik, Gestik, ihren Sprachinstrument-Körper und ihrem Verhalten mitteilen in der Pflegepraxis umgehen. Sie konnte aufzeigen, wie in diesem Prozess der Verhaltensanalyse noch ungeübte Mitarbeiter*innen das Interpretieren von Zeichen/Ausdrucksverhalten von Personen mit Demenz erlernen. So stellte sich beispielsweise das Treten mit dem Fuß nach anderen Personen einer Bewohnerin mit schwerer Demenz, als eine andere Art der Kontaktaufnahme und der Wunsch nach Beziehungen heraus. Vor allem gestische Kommunikation spielt bei der Versorgung von Menschen mit Demenz eine große Rolle, damit sie Handlungen selbst umsetzen können. Im Danuvius Haus arbeiten unsere Pflegenden mit dieser vorsprachlichen Kommunikationsart und werden/wurden immer wieder dazu geschult. Besonders die Art und Weise, wie mit Gesten kommuniziert werden kann und wie sich Pflegende dabei verhalten, konnte Frau Döttlinger im Vortrag auf der Grundlage ihre Doktorarbeit aufzeigen. Leider gibt es bis jetzt nur einen kleinen Kreis von Pflegenden die angepasst an die Wahrnehmungssituation einer betroffenen Person mit dieser gestisch kommunizieren können. Dass die Pflegenden die „Autonomie des Augenblicks“ der Person mit Demenz wahren und was damit gemeint ist, wurde ebenso an Videos erläutert. Den Erhalt der Selbstbestimmung, den Menschen auch in seiner Erkrankung ernst zu nehmen und Dinge tun zu lassen, die er vielleicht deutlich verlangsamt, aber dennoch tun kann, erhöht seine Lebensqualität. Das Stigma Demenz kam im Vortrag auch ganz klar zur Sprache. Der verstorbene Dr. Richard Taylor, der selbst an einer Alzheimer Demenz erkrankte, setzte sich persönlich für mehr Akzeptanz der Krankheit ein und stellt klar, dass er als Mensch trotz seiner Krankheit immer noch ein Würdewesen ist. Taylor sagte auch, die von einer Demenz Betroffenen müssen selbst die unsichtbaren Mauern niederreißen und die Erkrankung akzeptieren. In seinem Buch „Alzheimer und Ich“ meinte er, dass er den Leuten sagt, ich habe eine chronische Behinderung, die mit Gedächtnisverlust und Orientierungsproblemen einhergeht, für die es keine Heilung gibt.
Zum Schluss würden wir gerne noch die Frage, wann ist der richtige Zeitpunkt um in ein Pflegeheim zu ziehen, mit den Worten von Fr. Fröhlich beantworten: Stellen Sie sich die Frage: „Was kann ich noch leisten, ohne davon selber Schaden zu nehmen?“ Seien Sie ehrlich zu sich selbst und übersehen Sie nicht die Zeichen, vor allem wenn es andere schon erkennen („Du kannst doch nicht mehr“). Diese Frage müssen sich auch pflegende Angehörige stellen. Geben Sie grundsätzlich als Angehörige keine Versprechungen („Du musst nie ins Heim“) ab, sondern bleiben Sie offen und ehrlich („Ich versuche es solange ich kann“). Nehmen Sie professionelle Hilfe an und informieren Sie sich rechtzeitig, was der beste Weg für Sie und Ihre Familie ist.